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Verlustvortrag: So holen sich Studierende ihr Geld zurück

Was ist ein Verlustvortrag?

Ein Studium ist mit hohen Kosten verbunden. Zum Glück können Studenten viele ihrer Studienkosten steuerlich geltend machen. Allerdings gibt es nur dann Geld vom Staat für eine Ausbildung zurück, wenn auch Steuern gezahlt werden. Die meisten Studenten zahlen aber noch keine Steuern, weil sie mit ihrem Jahreseinkommen unter dem Grundfreibetrag von 9.168 Euro in 2019 oder 9.408 Euro in 2020 bleiben. Deshalb bietet das deutsche Steuerrecht für Studenten eine vorteilhafte Lösung an: den Verlustvortrag.

Durch einen Verlustvortrag können dem Finanzamt Studienkosten (= Verluste) per Steuererklärung mitgeteilt werden. Das Finanzamt merkt sich die angegebenen Ausgaben und sobald das erste Mal Steuern gezahlt werden, werden die vorgetragenen Verluste steuerlich verrechnet. Das heißt für einen Studenten, dass er bei Berufsstart als zum Beispiel Arbeitnehmer Studienkosten in Form einer Steuerrückzahlung erstattet bekommen kann. Bei Absolventen, die sich selbstständig machen, verringert sich entsprechend die Höhe der zu zahlenden Steuer.

Können alle Studenten einen Verlustvortrag geltend machen?

Alle Studenten, die eine Zweitausbildung (Master, Promotion oder Bachelor mit vorangegangener Berufsausbildung) absolvieren, können ihre ausbildungs- und berufsbedingten Ausgaben als Werbungskosten steuerlich geltend machen. Bei Studenten in der Erstausbildung erkennt das Finanzamt aktuell die Studienkosten lediglich als Sonderausgaben an, ein Verlustvortrag ist damit nicht möglich (siehe Hinweise unten). Eine Ausnahme gilt für ein duales Studium – diese Studenten können ihre Ausbildungskosten auch als Werbungskosten absetzen.

  • Verlustvortrag: Wenn Studenten weniger Einnahmen als Ausgaben verzeichnen, entsteht ein steuerlicher Verlust. Dieser Verlust wird vom Finanzamt automatisch als eine Art Steuerbonus vermerkt, der eingelöst wird, sobald Einkommen erzielt wird.
  • Kein Verlustvortrag: Wenn Studenten mehr Einnahmen als Ausgaben verzeichnen und auf ihre Einnahmen Steuern zahlen, können die in der Steuererklärung angegebenen Studienkosten gleich voll steuerlich verrechnet werden und ein Verlustvortrag ist nicht notwendig. Es erfolgt eine sofortige Steuererstattung.

Hinweis: Der Bundesfinanzhof hat 2015 entschieden, dass die steuerliche Ungleichbehandlung von Erstausbildung und Zweitausbildung verfassungswidrig ist. Dabei sind die meisten Beobachter davon ausgegangen, dass das Bundesverfassungsgericht als letzte Instanz urteilen würde, dass Menschen in Erstausbildung Verlustvorträge machen können. Entgegen der allgemeinen Erwartung hat das Bundesverfassungsgericht Ende 2019 sein Urteil gefällt und entschieden, dass sich die Erstausbildung von der Zweitausbildung unterscheidet. Dafür wurde eine Begründung gegeben, die kaum nachvollziehbar ist.

Die Folge ist aber leider, dass die Finanzämter die Kosten der Erstausbildung nicht mehr als Verlustvortrag mit den Steuerforderungen der Folgejahre verrechnen. Stattdessen können sie nur noch als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Das Ergebnis ist, dass die Kosten sich nur noch im eigentlichen Steuerjahr, wo diese anfallen, steuermindernd auswirken können.

Vorteile des Verlustvortrags auf einen Blick

Kein Geld

Um einen Verlustvortrag für die Studienkosten zu machen, ist kein Einkommen notwendig.

Komplett

Die Studienkosten können in voller Höhe und unbegrenzt als Verlust vorgetragen werden.

Über Jahre

Verlustvorträge sind über mehrere Jahre hinweg möglich, bis Steuern gezahlt werden.

Steuerbonus

Durch den Verlustvortrag erhältst Du eine Art Steuergutschrift für den Berufseinstieg.

Wann wird der Verlustvortrag eingelöst?

In der Regel haben Studenten während ihrer Studienzeit weniger Einnahmen als Ausgaben und verbuchen damit einen Verlust. Durch eine Steuererklärung können Studenten in einer Zweitausbildung diesen Verlust dem Finanzamt anzeigen. Das Finanzamt merkt sich diesen Verlust. Solange kein Einnahmenüberschuss entsteht, werden die erklärten Verluste vom Finanzamt automatisch in die nächsten Jahre übertragen.

Erst, wenn laut Steuererklärung die Einnahmen die Verluste übersteigen, endet der Verlustvortrag. Dies ist meist der Fall, wenn das Studium beendet und ein fester Job begonnen wurde. Jetzt erfolgt die Erstattung der (über die Studienjahre) vorgetragenen Verluste. Dies geschieht automatisch, indem das Finanzamt die Einkommenssteuer mit den vermerkten Verlusten aus den Vorjahren verrechnet.

Beispiel: So kann ein Verlustvortrag aussehen

Du hast von 2016 bis 2018 ein Master-Studium absolviert und in dieser Zeit kein nennenswertes Einkommen erzielt und für jedes Jahr eine Steuererklärung abgegeben. Dabei hast Du Deine Studienkosten als Verluste vorgetragen. Das Finanzamt hat sich die jährlich vorgetragenen Verluste gemerkt und kommt in der Summe zum Ergebnis, dass Du in den drei Jahren insgesamt 15.000 Euro Studienkosten angehäuft hast.

In 2019 hast Du einen Job begonnen, der Dir im Jahr 45.000 Euro Gehalt einbringt. Dieses Einkommen gibst Du in Deiner Steuererklärung an und musst darauf Steuern zahlen. Aufgrund Deiner Verlustvorträge während der Studienzeit reduziert sich Dein zu versteuerndes Einkommen jetzt aber deutlich. Du musst lediglich so viel Steuern zahlen, als ob Du nur 30.000 Euro verdient hättest. Da bei Arbeitnehmern die Lohnsteuer meist direkt einbehalten wird, bekommst Du nun die zu viel bezahlten Steuern vom Finanzamt erstattet. Auf diese Weise hast Du Dir Deine Studienkosten vom Staat zurückgeholt.

Negativbeispiel: Ein Sonderfall, wie der Verlustvortrag ohne Erstattung aufgebraucht wird

Nehmen wir an, ein Studium endet im Oktober 2018 und ein Verlustvortrag für das Steuerjahr 2017 wurde bereits in Höhe von 7.000 Euro anerkannt. Angenommen, der Absolvent geht ab November 2018 einer Beschäftigung nach und sein Bruttoarbeitslohn beträgt 5.000 Euro monatlich. Werbungskosten aus dem Studium 2018 belaufen sich auf 1.000 Euro. Das Ergebnis ist dann: Bei 5.000 Euro brutto monatlich jeweils für November und Dezember, betragen die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit für 2018 10.000 Euro. Abzüglich Arbeitnehmerpauschbetrag oder nachweisbarer Werbungkosten von beispielhaft 1.000 Euro bleiben 9.000 Euro Einnahmen übrig.

Bei 9.000 Euro Summe der Einkünfte würde die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Sonderausgaben für Vorsorgeaufwendungen sowie Kranken- und Rentenversicherung bereits 0,00 Euro betragen. In diesem Fall würden aber noch die Werbungskosten für das Studium von 1.000 Euro abgezogen werden (gegebenenfalls bleibt es bei der Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro). Von der Summe der Einkünfte von 8.000 Euro würde dann der Verlustvortrag abgezogen. Die Rechnung wäre: 8.000 Euro minus 7.000 Euro = 1.000 Euro, was einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1.000 Euro entsprechen würde. Das Resultat wäre, dass die Steuer Null bleibt, somit wurde der Verlustvortrag vollständig ohne steuerliche Auswirkung aufgebraucht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gefahr, einen Verlustvortrag aufzubrauchen ohne eine Erstattung zu erhalten, umso höher ist, je später im Jahr Du zu arbeiten anfängst. Das bedeutet, dass es aus Sicht der Steuererstattung bei einem Verlustvortrag sinnvoll ist, im Jahr des Studienabschlusses spätestens ab September eine Arbeit aufzunehmen.

Tobias U. (ehem. Universität Konstanz)
Ich habe insgesamt 5 Jahre studiert. Während meiner Studienzeit habe ich nur einen 450€-Minijob gehabt und damit keine Steuern zahlen müssen. Eine Steuererklärung habe ich natürlich trotzdem für jedes Jahr abgegeben, um meine Studienkosten geltend zu machen. Jetzt arbeite ich schon zwei Jahre. Durch meine Verlustvorträge habe ich gleich im ersten Arbeitsjahr insgesamt fast 5.000 Euro Steuerrückzahlung erhalten. Eine feine Sache! Tobias U. (ehem. Universität Konstanz)